Bayer 04 gegen Hertha BSC im Berliner Olympia Stadion. Etwas, was ich schon lange mal machen wollte. 2020 hatte ich mir fest vorgenommen bei dem DFB-Pokal-Finale live mit dabei zu sein, aber da ist ja leider alles anders gekommen. Nun habe ich mir meinen besten Kumpel geschnappt und wir haben uns für Sonntagmorgens zwei Karten für den ICE von Köln bis nach Berlin gekauft. Bedauerlicherweise muss ich am nächsten Tag arbeiten, sodass wir auch am selben Tag zurück sind, jedoch greife ich damit schon zu weit vor.
Um 6 Uhr einen Zug nach Berlin zu erwischen ist schon nicht ohne. Zum Glück haben wir rechtzeitig gebucht, sodass wir die erste Klasse für denselben Preis für die zweite Klasse mit Sitzplatzreservierung bekommen haben. Man gönnt sich ja sonst nichts und irgendwie muss man ja das Pillengeld ausgeben. Es hat nicht mal eine Stunde gedauert, bis wir neue Freunde gefunden haben und ich glaube, es war mit einer der witzigsten Bahnfahrten, die ich jemals hatte. Hierbei noch mal liebe Grüße an unseren zwei neuen Bayer 04 Sympathisanten!
Falls einer sich fragt, wie Auswärtsfahrten generell ablaufen, verweise ich gern auf ein WUMMS Video.
Um ca. 11 Uhr sind wir mehr schlecht als recht aus dem ICE im Berliner HBF gefallen und haben zunächst unser Reisegepäck eingeschlossen. In voller Vorfreude auf den Tag in Berlin treten wir aus dem Bahnhof raus, machen ein Foto zusammen auf einer Brücke über der Spree mit Hintergrund des Reichstags und plötzlich fängt es an zu schütten. Gefühlt ist es ein Monsun. Zwar können wir noch ein paar Fotos machen, aber geben uns schnell geschlagen und suchen nach etwas zu essen. Da ich vor ein paar Jahren schon mal in Berlin war und damals es nicht zum Burgerladen „Burgermeister“ geschafft habe, geht es also in Richtung East Side Gallery. Kaum aus der Bahn raus, schon scheint wieder die Sonne vom Himmel. Das Wetter will mich einfach nur veräppeln.
Nach Stärkungspause und einem Besuch an der East Side Gallery nun die Fahrt zum Olympia Stadion. Ironisch wie es ist, lernen wir direkt zwei Finnen, die wegen Bayer 04 extra nach Berlin gekommen sind. Nach einer längeren Fahrt kommen wir irgendwann auch am Olympia Stadion an und das Wetter schwenkt wieder um. Kaum stehen wir in der Schlange für das Prüfen des Impfpasses fängt es an zu hageln. Sobald wir alle Kontrollen hinter uns haben, hört es auch schon wieder auf und es wird alles nur noch grau. Aus einem unbekannten Grund ist das Wetter genau so durch wie wir es sind.
Das Olympia Stadion an sich ist jedoch eine beeindruckende Arena. Mit den freien Zugängen und dem weiträumigen Außen-Areal erinnert es mich an das Waldstadion (Deutsche Bank Park). Jedoch komme ich aus dem Staunen nicht raus als ich zum ersten Mal ins Stadion in unseren Block gehe. Die alleinige Größe und die Tiefe, wie es nach unten geht, es ist beeindruckend und ich kann mir vorstellen, wie toll verschiedene Sportarten auf dieser blauen Laufbahn aussehen. Leider ist für Fußballspiele diese Laufbahn eher suboptimal.
Jetzt aber mal zu dem Spiel. Die Aufstellung von Bayer 04 ist ein Ergebnis von verletzten Spielern. In der Abwehr spielt Tapsoba neben Tah und auf den Außen Frimpong und Hincapie. Ich hätte Sinkgraven aufgestellt, allein nach dem letzten Spiel gegen Real Betis Sevilla, wo für mich Hincapie gezeigt hat, dass er einfach zu passiv und zu defensiv verteidigt. Ja, ich bin und bleibe ein Sinkgraven Fan und ich möchte daran erinnern, dass er letzte Saison gezeigt hat, dass er offensiv stark sein kann und dabei auch defensiv die Seite dicht bekommt. Bedauerlicherweise klickt es bei ihm nur diese Saison offensiv noch nicht, aber das kann auch taktischer Natur sein.
Im Mittelfeld spielen Palacios, Andrich und Demirbay, da Wirtz verletzt fehlt. Auf den Außen und im Sturm spielen dann noch Paulinho, Adli und Diaby, auch wegen Mangel an Alternativen. Zu vermerken ist auch, dass Bravo und Sertdemir aus der U19 im Kader stehen.
Das Spiel ist schon mal von dem desolaten Rasen des Olympia-Stadions überschattet, der eher einem Schlammplatz gleich kommt. Wie kann man so ein Spiel überhaupt anpfeifen unter solchen Bedingungen? Es geht auch um die Verletzungsgefahr der Spieler. Bayer probiert sich bis vor dem Kasten der Hertha zu kombinieren, doch es hadert am Passspiel. Kaum ein Pass kommt so an, wie man ihn erwartet. Zwar kreiert sich Bayer 04 in den ersten Minuten ein paar Chancen, welche aber eher aus der zweiten Reihe kommen, doch Hertha kommt auch mal zu einer Chance, die aber dank Hradecky ungefährlich bleibt.
In der 11. Minute bekommt Andrich die Chance auf den Führungstreffer. Frimpong setzt sich auf der Hertha Seite mit dem Ball durch und kann in den Strafraum flanken, jedoch kann Andrich den Ball nicht kontrollieren und der Ball landet in den Armen von Schwolow. Danach verliert aber Bayer die Konzentration und Hertha kommt dank Aussetzer von Palacios und der Abwehr zu guten Chancen.
Plötzlich stolpert Adli den Ball dann über die linke Seite bis an die Grundlinie und flankt den Ball in den Strafraum, wo Andrich steht und den Ball verwandelt. Großer Jubel in der Kurve und die Bayer Jungs sind gut am Feiern, bis sich dann ein Mensch aus dem Kölner Keller meldet. Leider dauert es mehrere Minuten, bis es klar ist, der Ball war vor der Flanke im Aus und der Treffer zählt nicht.
Diese Entscheidung zieht allen Mut aus der Mannschaft. Die Jungs bekommen noch weniger Pässe zustande und generell passiert nichts, außer vielen Ballverlusten auf beiden Seiten. Irgendwann in der 40. Minute gelingt Hertha so etwas wie ein Spielaufbau. Der Ball wird von unserer linken über die Mitte auf die rechte Seite geleitet, wo es dann zu einer Flanke in den Strafraum kommt. Tah köpft den Ball hauptsächlich hoch, jedoch nicht weit genug und Palacios verliert das anschließende Kopfballduell. Tah ist aufgerückt, um Palacios zu helfen und Hincapie ist nicht schnell genug mit den anderen Verteidigern mit aufgerückt, sodass Jovetic den Ball in der 42. Minute ins Bayertor knallt. Wunderschöner Treffer, jedoch ungünstigerweise nicht für uns. Natürlich prüft der VAR das nun auch, doch Hincapie hebt das Abseits mit seiner rechten Hacke auf. Pech und doch irgendwie passend, ist halt alles etwas verpennter gerade beim Bayer.
Zum Glück ist danach Pause und ich kann mich mit einem Bekannten auf ein überraschend schmackhaftes Berliner Kindle treffen. Leider bleibt die einzige Änderung in der Pause nur unser Getränkekonto, denn Seoane ändert nichts. Einen Sinkgraven hätte ich mir gewünscht, da dadurch auch mehr Druck über die linke Seite kommen kann.
In der 61. Minute ist es dann so weit, dass Seoane endlich wechselt und Sinkgraven und Amiri für Hincapie und Palacios bringt. Palacios wirkt eher blass und nicht ganz bei der Sache. Andrich nimmt ihm viel Arbeit ab und Demirbay bekommt vorne ohne große Unterstützung von hinten nicht viel zustande. Also auch ein taktischer Wechsel, da jetzt Demirbay eher als zentraler Mittelfeldspieler, Andrich als Defensiver/Staubsauger/Arbeitsmaschine und Amir als vorderer Anspielen/Verteiler funktionieren soll. Ganz statisch ist es nämlich nicht, da Andrich viel mit nach vorne geht und sich dabei nun mit Demirbay abwechselte.
Zehn Minuten später, Frimpong leitet für sich selbst im Doppelpass mit Demirbay eine Chance ein, indem er von Demirbay in den Strafraum geschickt wird. Dabei rennt er einem Berliner davon und wird von einem hohen, aber nicht straffälligen Bein gestoppt. Dieses Bein trifft den Ball aber hoch in die Mitte, wo Adli den Kopfball komplett nach rechts verzieht und er schlecht geklärt wird. Der Ball rollt in Richtung rechts Strafraumeck, wo Demirbay steht und einfach mal Maß nimmt. Leider nur knapp darüber gelenkt von Schwolow.
Direkt im Anschluss dann eine Passkombination von Adli und Sinkgraven auf der linken Seite. Adli leitet auf Sinkgraven weiter, welcher auf dem linken Flügel halbhoch in den Strafraum flankt. Diese Flanke ist für Amiri gedacht, wird aber abgeblockt. Adli bleibt dran und geht in den Zweikampf an der linken Seite auf der Grundlinie. Ein Berliner passt nun halb gar raus, Sinkgraven kommt wieder dran und flankt direkt. Fatalerweise ist dieser Ball wieder abgefälscht. Der Ball landet auf der rechten Seite außerhalb des Strafraums, wo Demirbay steht und Maß nimmt. Schwolow kann den Ball nur nach links abwehren, wo Adli direkt steht und den Ball in den Oberrang zimmert. DAS hätte das Tor sein müssen. Okay, Adli war im Abseits, aber wenigstens stimmte jetzt wieder die Richtung, wo der Ball hin gespielt wird.
In der 79. Minute und in der 86. Minute wird dann Werkself Geschichte geschrieben. Bravo kommt zuerst für Paulinho und wird damit zum jüngsten Werkself-Profi und zum zweitjüngsten in der Liga. Danach kommt Sertdemir für Frimpong und nimmt Bravo beide Rekorde direkt wieder ab. Außerdem wird Kossounou für Adli eingewechselt. Damit stellt Seoane auf eine Dreier Kette um. Sinkgraven und Diaby sind nun die Flügelläufer und Amiri geht auf den Flügel dazu, welcher Unterstützung benötigt. Eine vielversprechende Idee, da Bayer 04 die defensive Frische komplett fehlt. Aber dann eher die andere Frage, ist es dazu nicht zu spät, oder soll man gerade jetzt nicht noch mehr Druck aufbauen?
In der 90. Minute wird Amiri auf der rechten Seite in der Nähe des Strafraums gefoult und es gibt Freistoß. Alles was geht, wird nach vorne geordert. Demirbay bringt den Ball in die Mitte zum Fünfmeter Raum und Kossounou trifft den Ball irgendwie, dass dieser nach rechts geht. Dort läuft sich gerade Andrich frei und knallt den Ball ins Netz.
Damit ist auch Schluss, und zwar auch zum Glück. Was ich hier beschreibe, lässt das Spiel in der 2. Halbzeit interessant aussehen, aber es war wie das Wetter, es wurde nur trauriger. Denn die Temperaturen fielen währenddessen und es hat wieder angefangen zu regnet, sodass es eher auf dem Rasen zu einer Matsch- und Stolper-Party wurde. Klar wurde mit Amiri und Sinkgraven die Kreativität geweckt, aber Hertha hatte auch ein paar Chancen, die sie wie die Bayer 04 Jungs vergurkten. Da muss viel passieren, vorwiegend in der Abwehr. Die Jungs sind müde und zum Glück gibt es jetzt die Länderspielpause.
Ein Fun-Fact, um meine Behauptung zu unterstützen. Insgesamt gab es von Bayer 04 eine Passquote von nur 78 % mit 99 Fehlpässen. Zum Vergleich gegen Betis Sevilla waren es 83 % mit 72 Fehlpässen und bei der Klatsche gegen die Bayern waren es 84 % Passquote und 72 Fehlpässe. Nur die gefühlte Niederlage gegen Köln war da schlimmer mit 61 % Passquote und 112 Fehlpässen.
Passend zum Spiel fiel auch unser Zug für die Rückreise aus, sodass wir einen eine Stunde früher nehmen mussten und trotzdem zur selben Zeit ankamen. Trotzdem eine gelungene Auswärtsfahrt mit netten Menschen und einem bescheidenen Spiel.
Euer B04acc